luise doppler
1820-1841

die luise aus fürstenfeld wurd‘ eigentlich nie luise genannt. sie war die dicke dudl, das blade pleampl, das blede keibl, oder was auch immer einem im süden der steiermark für ein etwas übergewichtiges mädchen mit down-syndrom aus dem schimfpwortuniversum zugeflüstert wurde. was das down-syndrom war, wusste man nicht. man wusste, sie war anders. sie sprach nicht, weil man sich erst gar nicht bemühte, es ihr beizubringen. man schickte sie nicht in die schule, weil man davon ausging, das wäre verlorene liebesmüh‘ mit dem tramplkind.

der herrgott hat sie gestraft. da waren sich die eltern sicher. besonders die strenggläubige mutter, die sie zwar irgendwie doch so ein klein wenig lieb hatte, aber sich durch sie immer daran erinnert sah, dass sie eine sündige frau war. weil, sonst hätt‘ ihr der liebe gott das nicht angetan. als die luise älter wurde, entdeckten die männer sie für sich. sie sprach zwar nicht, lächelte aber viel und war allen menschen gegenüber offen. nicht selten ging sie auf fremde zu und umarmte sie. einfach so. weil sie es wollte. so war sie. das wusste mann nicht selten auszunutzen. und aus der dicken dudl, dem bladen pleampl, dem bleden keibl wurde die deppate dorfdirn. ganz zum missfallen der eltern, die sie einsperrten und eifrig buße taten, gemeinsam mit ihr um vergebung beteten und die mutter maria gottes darum baten, das diffuse konstrukt der familienehre – nicht die luise – zu beschützen.

die luise ließ sich nicht gern einsperren. sie fand immer wieder ein schlupfloch aus dem haus, wenn die eltern am feld oder im stall arbeiteten. daraufhin blieb der mutter nichts anderes übrig und ermordete die luise weinend und klagend. damit sie nicht noch mehr sünde ins haus bringen würde. das gericht verurteilte die mutter zum tode, was ihrem wunsch entsprach.